Wir schreiben das letzte Halbinning beim Spielstand von 1:2. Alle vom Hometeam sind aus.... alle? Nein nicht alle. Ein tapferer Baseballer ist fest entschlossen, sein Homeplate zu verteidigen. Dieses edle Fünfeck welches er sogar mit den eigenen Händen betoniert hatte würde er niemals im Stich lassen. Und noch war es nicht zu spät, denn bisher hatten die Gegner erst ein Out errungen und jedes weitere sollten sie sich hart erkämpfen...
Unser Held brach aus dem weißen Kreis aus, welcher vor gut 3 Stunden für das Warmschwingen mit Kreide auf den Rasen gemalt worden war. Eine Keule lässig Richtung Spielerbank schleudernd betrat mit der anderen, der etwas leichteren und kürzeren, das mit Kreide markierte Rechteck, welches er nur guten Gewissens erfolgreich in Richtung des 1. Bases verlassen durfte. Dorthin, wo bereits ein „Guter“ stand. „Naja, wenn der das schafft,“ dachte er sich „dann komme ich da auch hin.“ Ansonsten waren die Bases unbesetzt. Er hatte jetzt einen gravierenden Vorteil. Die Wurfleistung des gegnerischen Pitchers war zuvor so schlecht gewesen, daß sein Mitspieler ohne überhaupt schlagen zu müssen, weiter durfte. Ein weiteres Mal sollte dieser also nicht mehr versagen. Das erlaubte der knappe Spielstand nicht.
Laut Statistik war der beste Wurf des Mannes auf dem Hügel ein fester gerader, welcher sich mit Runner auf 1 in dieser entscheidenden Spielphase sowieso anbot. Und das war auch sein Lieblingspitch. Mit an 100% grenzender Wahrscheinlichkeit würde er also einen satten, schnörkellosen Ball bekommen, den er mit annähernd der gleichen Wahrscheinlichkeit irgendwohin dreschen würde, wo ihn kein Feldspieler erreichen konnte. Mit etwas Glück würde ihm vielleicht sogar ein Homerun gelingen. Das wären 2 Punkte, aus einem 1:2 würde ein 3:2 und das Spiel wäre beendet und gewonnen. Ein ganz normaler Hit würde aber auch genügen. Der Läufer wäre auf dem 2. Base und einer der nächsten beiden Batter könnte zumindest mit einem ebenbürtigen Schlag ausgleichen. „Irgendwie ist Baseball doch ein Mannschaftssport“ dachte er sich..
Jetzt war aber nur eines wichtig, nämlich daß er den Ball möglichst weit weg schlug. Noch mal kurz ein Blick zum Coach, der routinemäßig die Zeichen gab und dann auf zum Angriff! - Aber Moment mal. Hatte er sich verschaut oder hatte der Coach einen Fehler gemacht?..... Also die ganze Zeichenfolge noch einmal. Und tatsächlich. Der Trainer gab ein falsches Zeichen! „Das gibt’s doch gar nicht,“ dachte er sich verärgert. „Was tu’ ich denn jetzt? Das ist ja ein totaler Müll! Kann der nicht mitdenken oder will er, daß wir verlieren? Ich kann dieses Zeichen doch nicht hinnehmen. Es schadet nicht nur der Mannschaft, sondern auch meinem Schlagdurchschnitt.“ Und so etwas ist für einen Baseballspieler - und das weiß jeder, der schon einmal Baseball gespielt hat - unakzeptabel.
Leicht gestreßt wegen des mißlungenen Zeichens rätselte er jetzt, ob er sich absichtlich abwerfen lassen sollte, um dem Fatalen zu entgehen. Oder sollte er schwingen und versuchen einen Homerun zu schlagen? Oder sollte er, wie befohlen den Ball passieren lassen, so daß sein Teamkollege ungehindert das 2. Base stehlen konnte? Oh Gott, eine Entscheidung mußte her. Der Pitcher nickte bereits seinem Catcher zu. Er hatte das erste Zeichen akzeptiert. Es mußte einfach ein Fastball kommen, das war glasklar. Der Werfer machte sich wurfbereit und unser Held umklammerte seine Keule fester und fester. „Schlagen oder nicht Schlagen?“ das war nun die Frage. Sein Mannschaftskamerad würde loslaufen und sich auf ihn verlassen. Ein in die Luft geschlagener Ball könnte sie beide ins Aus schicken und das Spiel wäre beendet und verloren. Andererseits würde er nicht noch einmal eine so gute Gelegenheit bekommen, den Ball zu treffen.
Der Pitcher begann mit seiner Bewegung. „Jetzt oder nie“ dachte sich der in einem tragischen Dilemma gefangene Schlagmann. „Oder doch nicht?“ Der Werfer stöhnte laut, als er den Ball Richtung Catcher schleuderte. Die Keule fest in den Händen, begann er mit der Schlagbewegung. Er holte aus und - zack - war der Ball auch schon im Handschuh. Unser Batter hatte sich wiederwillig dem Team untergeordnet und den Ball passieren lassen. „Hmmmh!“ stöhnte der Schiedsrichter und der Catcher sprang auf, um den mit Nylon umwobenen Cork ans 2. Base zu katapultieren. Ein Superwurf, ein guter Fang, der Tag und das Bellen des Umpires: „Heeeee’s out!“
„Oh Mann, das gibt’s doch gar nicht! Ich schenke dieser Ratte meinen Lieblingspitch und was macht der Vollidiot? Er läßt sich auswerfen!“ Dachte sich unser unglücklicher Batter und schrie dem Unwürdigen nach: „Was soll denn der Scheiß? Kannst Du nicht mal ein Base stehlen?“ Wütend schaute er abwechselnd zum Coach und dann wieder zum Sündenbock, der sich reumütig vom Platz schlich.
Der Trainer gab bereits ein neues Zeichen, während die Verteidigungsmannschaft den Ball arrogant hin und her warf, um ihn dann wieder zum Pitcher zu befördern. Dieses Mal bekam er das Zeichen, das er vorher erwartet hatte, nur waren jetzt seine Chancen natürlich viel geringer, seinen Schlag- bzw. Sluggingdurchschnitt hoch zu schrauben. Der Pitcher wählte genüßlich, wie aus einer Gourmet-Speisekarte eines 5-Sterne-Restaurans, seine Wurfvariante: „Ich hätte gerne einen etwas langsameren Pitch, vielleicht diesmal outside und mit ein wenig Rotation nach links unten serviert.“ Das sagte er zwar nicht direkt, aber durch sein Nicken im Anschluß an die Zeichenkombination des Catchers bestellte er genau diesen Wurf. Der Fänger gab das Ziel, der Pitcher holte aus und der Ball flog tatsächlich die gewünschte Bahn.
Unser von Trainer und Teamkollegen, noch lange aber nicht vom eigenen Mut und Willen verlassene Batter hatte natürlich von der Bestellung nur so viel mitbekommen, daß kein zweiter Traumpitch folgen würde. Wieder holte er aus, diesmal schwang er aber elegant seine Keule und traf den Ball fast ideal. Das kleine, weiße, in Deutschland von viel zu wenig Menschen geliebte Sportobjekt, schoß über den Verteidiger des 1. Base in Richtung der am weitesten rechts gelegenen Spielfeldmarkierung. Doch die Freude über diesen Traumschlag währte nicht lange, denn der Schiedsrichter grölte: „Fouuuul Baaal!“ Wieder nix. „Oh mama mia. 0:2. Jetzt wird’s eng!“ dachte sich der unglückliche Schlagmann. Die Chance, das Minimalziel Base 1 zu erreichen, war jetzt noch geringer als zuvor.
Also wieder die Zeichen vom Coach, der Pitcher bestellte, der Wurf folgte, der Batter holte aus ....... und er atmete auf. Der Ball segelte viel zu tief an ihm vorbei. Zum Glück hatte er nicht geschlagen, „nur noch 1:2!“
„Hhmmmh sreeee. Batter is out. Baaaaaal Game!“ - Was war denn jetzt los? Die Gegner hüpften vor Freude um ein gewonnenes Spiel, welches noch gar nicht zu Ende sein durfte. „Hast Du Tomaten auf den Augen? Der Ball war viel zu tief! Das hätte ja sogar ein Blinder gesehen! Was fällt Dir überhaupt ein? Kennst Du eigentlich meinen Schlagdurchschnitt? Du kannst mir doch nicht einfach einen Looking Strikeout callen! Wo hast Du überhaupt Deine Lizenz her? Das ist ja wohl ein Witz!..........“
Der Umpire hatte sich schon lange weg gedreht, auch die Teamkollegen packten bereits zusammen. Das Spiel war verloren und der Batting Average im Arsch. Kurz um, ein scheiß Tag.
<font size=-1>[ Diese Nachricht wurde geändert von: holger am 2001-08-07 15:54 ]</font>
Also ne ganz nette Geschichte, daß man ein Intentional Base on Balls nicht so auf die leichte Schulter nehmen sollte, hab ich hier.
1996: Die Bayernliga ist spannend wie nie im August haben mehrere Mannschaften die Chance auf den Meistertitel, u. a. Ingolstadt, Baldham, Haar, Füssen. Es ging auch noch um den Aufstieg in die neugegründete Regionalliga.
Auf jeden Fall trafen im August Ingolstadt und Baldham aufeinander. Im Hinspiel gab man in Baldham beide Spiele ab und die Schanzer sinnten auf ihrem Hartplatz auf Rache. Das erste Spiel wurde knapp mit 9:7 gewonnen und auch das zweite Spiel entwickelte sich zu einem Reißer.
Beide Teams (Pitcher für Ingolstadt: Martin Almstetter) schenkten sich nichts, Ende des siebten Innings gingen die Boars mit zwei Punkten 12:10 in Führung und 8 und 9 kamen für den SSC an den Schlag. Andreas Rucker kommt durch einen Single aufs erste Base, Roland Zeitler geht Strikeout. Reiner von Großmann und Matthias Leipnitz erreichen durch Walks die erste Base. Björn Zandvliet schlägt einen 2 RBI Double zum Ausgleich herein. Zandvliet steht damit am zweiten und Matthias Leipnitz am dritten Base und an den Schlag kommt der Schanzer Nummer 4 Schläger Marcus Schraufstetter. Die Boars entscheiden sich also bei einem Aus, Schraufstetter zu walken. Erster Pitch - die Boars unterhalten sich ein wenig im Feld - zweiter Pitch.
Der dritte Pitch kommt etwas nahe an die Strike Zone heran, Schraufstetter schwingt - und schlägt den Ball zwischen Left- und Centerfielder an den Zaun und holt damit den Siegpunkt nach Hause.
Das war so richtig geil, das kannst du dir nicht vorstellen. Deswegen sollte man ein Intentioanl Base on Balls nie locker nehmen.
Ciao
Matthias
PS: Muss jetzt ins Training vielleicht fällt mir noch ne Story. Holger, du hast mich dazu gebracht wieder in die alten Scoresheets von 92 und 93 rumzuschauen und da findet man Sachen! DBV-Präsis die Shortstop spielen etc.
Ist unseren Herren 2 auch passiert (ich war selbst nicht dabei). Die wollten auch ein IBB machen, der Batter hat aber dann nach einen Mega Outside-Ball geschlagen und war dann auch noch safe, weil woll keiner mit einem Schlag gerechnet hat und dann die Reaktionszeit zu kurz war ....
Ich erinnere mich da auch an eine sehr illustre Szene. Muss vor 4-5 Jahren gewesen sein. Die Partie war Ambassadors gegen Freising.
Situation: Letztes Inning, 2 Down, Winning Run auf 3 und Sepp Dietl auf der ersten Base. Am Schlag Chris Chalupny. Freising hat darauf eine Defense gespielt, die ich weder davor, noch danach jemals gesehen habe. Und zwar haben die alle Feldspieler ins und ans Infield gezogen. Chris sollte wohl gewalkt werden, um mit Bases loaded das Forced-play zu machen. Und genau wie vorher, kam ein Pitch zu nah an die Platte. Chris hatte keinen Bock auf einen Walk, lehnt sich zur Outside Corner, schwingt EINHÄNDIG (ich wollte ihn in dem Moment killen !!) nach dem Ball, und befördert ihn irgendwo Richtung dritte Base. Was folgte war vergleichbar mit einem aufgescheuchtem Hühnerhaufen. Niemand wusste, was zu tun war, Sepp lief komplett irritiert zwischen erster und zweiter Base hin und her, 9 Grizzlies überlegten, wer den Ball nehmen soll und wer sich in der Defense wo postieren soll. Unglaublich ! Das Ende vom Spiel war glaube ich ein Overthrow auf eins .....
Was lernen wir daraus ?? Wahrscheinlich gar nix, oder zumindest soviel, dass das Unerwartete zu tun nicht immer das Schlechteste sein muss ....
Wenn die Bälle hart geschlagen werden, dann sind die Harten hart am Ball ! (Alf)
Ich kenne da auch noch eine Story vom Aufstiegsspiel 1992 gegen Gauting, wo Fechtig noch gepitcht hatte,
Tie im letzten Inning in Gauting, 2 Aus und Runner auf 2nd und 3rd. Coach entscheidet IBB und der gelingt auch Danach nur noch ein Aus nötig, damit man in die Extra-Innings kommt und was macht Fechtig wirft bei seinem 2. Pitch den Batter ab... Spannung pur und dann so was... Das war vielleicht eine Enttäuschung...
interessant, was Deine Erinnerung so ausgräbt, kann mich an DAS Ende dieses Spiels schon allein deshalb nicht erinnern, weil wir in dem Jahr (dürfte 96 gewesen sein) gleich 2x es im letzten Inning gegen Euch vergeigt haben (Liga&Pokal). Will aber gar nicht bestreiten, dass das so ablief, wäre das passende Ende für beide Spiele gewesen, in denen ein gewisser Pitcher, der ungenannt bleiben will, bei ca. 5 Runs Vorsprung im letzten Inning die Kontrolle über die Zone und seine Blase verloren hat...
soweit ich mich erinnere, hatten es beim Spiel in FS, sogar 2 Pitcher recht schwer, den Ball in die Zone zu schmeissen
Seit dem gibt es bei uns für solche Situationen auch die Haas'sche Regel (nach Outfielder Haas in Fs an jenem Tag) die ungefähr besagt: "Wer unter 2 Strikes zu schwingen beginnt, wird mit Liegestützen nicht unter 500 bestraft !" Damals hat's geklapprt .....
Ich weiss noch, wie einer von Euch danach streiten wollte, so von wegen "Ihr seid unsportlich !! Baseball ist ein Schlagspiel !! usw."
Aber eigentlich ging es mir ja um die G'schichte mit dem unorthodoxen einhändigen Swing .....
Und wenn man sich anguckt, wo Ihr jetzt steht, dann scheint Ihr diesen Schock ja auch ganz gut weggesteckt zu haben
Wenn die Bälle hart geschlagen werden, dann sind die Harten hart am Ball ! (Alf)
ich weiss, ich weiss, ich hab die Zone als Pitcher damals selten getroffen (gibts eigentliche einen Pitcher mit mehr Walks als mich?), aber deswegen muss man nicht immer wieder darauf herumreiten.
Nicht umsonst trage ich inzwischen gelegentlich eine Sonnenbrille und hab ich ins Outfield verzogen. Gibts eigenltich einen "diving-Catch" - smiley?
Danach nur noch ein Aus nötig, damit man in die Extra-Innings kommt und was macht Fechtig wirft bei seinem 2. Pitch den Batter ab... Spannung pur und dann so was... Das war vielleicht eine Enttäuschung...
