Ein Umpire sollte das Spiel doch nur leiten - oder?

Regelfragen, umstrittene Entscheidungen und alles weitere zum Thema Schiedsrichter wird hier behandelt.
Gilk
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Beitrag von Gilk »

Also ich denke auch nicht, dass es richtig funktionieren würde, zumindest wenn es nicht gewährleistet wird, dass anonyme Einträge unmöglich sind. Nur wenn jeder sich anmelden muss (mit seinem richtigen Namen), dann koennte es funktionieren.
Sicher hat jms in gewisser Weise recht, dass v.a. Umpireausbilder die Ahnung haben (sollten), die Umpirekollegen zu bewerten, dennoch denke ich, wissen viele alten Hasen, egal ob auf Feld oder als Coach, was einen Umpire ausmacht... Vielleicht weniger die Regelkenntnis oder die Mechanics, aber v.a. wie man ein Spiel fair fuer beide Teams absolviert und wenn wir das schafen wuerden, dann wäre doch schon was gewonnen, oder? Wir muessen ja nicht aus allen Umpire einen JMS machen, aber kleine Ansaetze zur Verbesserung wären sicherlich nicht schlecht, denn sonst werden die Umpire nie besser. Andererseits sehe ich natuerlich die Gefahr, dass Umpire durch evtl. Kritik irgendwann keine Lust mehr haben... Aber ob die uns dann grundsätzlich weiterhelfen ist dann sowieso die Frage...

Gerhard


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Karsten
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Beitrag von Karsten »

@ Matthias, JMS: Wahrscheinlich habt ihr Recht, und ein Forum dieser Art wäre von vorne herein dazu verdammt, missbraucht zu werden .... Das ist eine dieser Ideen, die nur dann funktionieren, wenn jeder, der sich der Sache anschließt, den gleichen ehrenvollen Zielen nachgeht .....

@ kc: es ist ja beileibe nicht so, dass ich ein Problem damit habe, Namen zu nennen – im Positiven .... nur möchte ich mich eben nicht hier ins Forum stellen und negative Stimmung gegen Umps verbreiten. Letzten Samstag im Derby gg. die Caribes z.B. waren die Herren Sullilatu & Zeisig (Zufall, dass des jetzt grad auch Grizzlies sind !) vor Ort und, obwohl beide ‚nur’ mit C-Lizenz ausgestattet, haben die einen super Job gemacht. G’rad in dem Spiel !! Aber da war Ruhe drin, wenn’s mal hektisch wurde, haben die gar nicht groß rumgetan bzw. sich involvieren lassen und so einfach zu einem zügigen Spielablauf beigetragen ... Wenn der Saidi jetzt auch mal anfängt, ein Späßchen (mit) zu machen, dann hätt’s noch mehr Spaß gemacht ....
Aber da siehst Du halt auch einfach den Level, auf dem sich die Leute mit BB beschäftigen. Und wahrscheinlich ist es so, dass jemand, der seit 6-9 Jahren selber aktiv spielt, das noch dazu höherklassig, einfach weiß, wie der Hase läuft. Das haben die aber sicher nicht auf einem Lehrgang etc. gelernt !!

Den Tag drauf hatten wir dann Umps, die sicherlich schon länger mit BB zu tun haben (lifetime), die das Spiel aber viel weniger unter Kontrolle hatten. Und meiner Ansicht nach war deren Fehler, dass sie es (zumindest der eine) eben ganz akkurat und nah an der Regel machen wollten. Das Ergebnis war, dass in fast jedem Inning eine kleine Ump-conference stattgefunden hat, über saublöde Regelauslegungen wurde diskutiert, Spieler wurden in barschem Ton zurückgewiesen, weil die Umps reden ja nur mit dem Coach (der sollte aber idealiter nicht wiedersprechen) usw. Das nervt die Teams einfach ....und wenn dann ein falscher Call kommt, (und der kommt eigentlich immer irgendwann) dann ist die Stimmung eben gleich um ein vielfaches gereizter, weil wenn schon unnahbar, dann bitteschön auch fehlerfrei und unparteiisch !

Aber so was liegt einfach in den Menschen selber. Ich weiß nicht, ob und wie man Ump-Zöglingen auf dem Lehrgang menschliche Klasse und soziale Kompetenz beibringen kann ??
Wenn die Bälle hart geschlagen werden, dann sind die Harten hart am Ball ! (Alf)
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Beitrag von JMS »

Vorab ein Hinweis:

Dieser Beitrag ist sehr lang, und er bringt es fertig, in eindeutiger Art und Weise auf hier geaeussertes zu antworten. Aber darueber muss man sich bei mir nicht unbedingt wundern :wink: !


@ Karsten
[... ] Das nervt die Teams einfach ....und wenn dann ein falscher Call kommt, (und der kommt eigentlich immer irgendwann) dann ist die Stimmung eben gleich um ein vielfaches gereizter, weil wenn schon unnahbar, dann bitteschön auch fehlerfrei und unparteiisch !

Aber so was liegt einfach in den Menschen selber. Ich weiß nicht, ob und wie man Ump-Zöglingen auf dem Lehrgang menschliche Klasse und soziale Kompetenz beibringen kann ??
Da haben wir das Dilemma:

Nicht zugaengig zu sein provoziert, und falls solches - von welchem Ausbilder auch immer und unabhaengig von der Zugehoerigkeit zu einem Landes- oder dem Bundesverband - gelehrt wird, dann ist es sofort abzustellen ! Diese ‚Unnahbarkeit’ und ‚Aura des goettlichen’ erweckt auch eine Anspruchshaltung, welcher wir Schiedsrichter unmoeglich gerecht werden koennen.

Liegen diese Dinge wirklich unverrueckbar in einem Menschen selber ? Nun, ich hatte bei einem Lehrgang fuer zukuenftige B-Schiedsrichter 2000 in Bremen etwas fuer mich ganz und gar erstaunliches erlebt:

Ein Kollege hat mir gesagt, bisher sei er aufgrund der wahrend frueheren Lehrgaengen entsprechend vorgetragenen Meinungen anderer Ausbilder davon ausgegangen, ein Schiedsrichter habe unnahbar und arrogant zu sein, um seinen Job ausueben zu koennen ! Das Verhalten des Kollegen waehrend des ersten Teiles des Lehrganges zeigte, dass bei diesem tatsaechlich immerzu eine leicht zum provozieren neigende Haltung deutlich vorhanden war.

Der selbe Kollege berichtete jedoch gegen Ende des Lehrganges, er habe nun eine andere Sichtweise ueber das Schiedsrichtern kennen gelernt, welche ihm wohl ein stressfreieres und entspannteres Arbeiten auf dem Feld ermoeglichen wuerde. Dabei ist wichtig, dass ihm waehrend des von mir gehaltenen Laehrganges eine gewisse Art des Schiedsrichterns nicht von vornherein als die einzig glueckseligmachende vorgestellt, sondern diese ‚andere’ Art des Schiedsrichterns als Alternative angeboten worden ist.

Einer meiner Standardbemerkungen zu Beginn eines jeden Lehrganges (deren ernsthafter Hintergrund jedoch kein Standard ist !) – auch hier wieder unabhaengig von der jeweiligen Stufe – ist, dass kein Ausbilder allein die Wahrheit fuer sich in Anspruch nehmen kann. Auch weise ich stets darauf hin, dass man die Aussagen eines jeden Ausbilders sehr kritisch aufnehmen und ggf. hinterfragen soll. Weiterhin erfolgt stets der Hinweis, dass nicht alles fuer jeden Schiedsrichter funktioniert bzw. man sich dasjenige aus allen verfuegbaren Quellen heraussuchen muss, was fuer einen selber ‚funktioniert’ und umsetzbar ist.

Nicht nur bei dem zuvor angesprochenen Kollegen sondern waehrend zahlreicher durchgefuehrter Lehrgaenge konnte ich erleben, dass die ‚Erstpraegung’ eines Kollegen durch den ersten von ihm wahrgenommenen Ausbilder einen wichtigen Bestandteil der zukuenftigen Entwicklung darstellt. Es gibt Abweichungen von dieser Regel, aber der eben beschrieben Trend bzw. das entsprechende Muster ist fuer mich nach circa 20 Jahren Ausbildertaetigkeit unverkennbar.

Dies bedeutet, dass die Ausbilder eine groessere Verantwortung haben, als ihnen moeglicherweise bisher bewusst ist !


@ kc:

Du sprichst in den ersten drei Abschnitten Deines letzten Beitrages die unterschiedlichen Masstaebe im Ausbildungswesen an.

Und: Du hast voellig recht, da es diese unterschiedlichen Masstaebe gibt !

Ich habe im Januar 1999 in einem Anschreiben an alle DBV-Ausbilderkollegen und an den DBV aus gegebenem (und immer noch vorhandenen) Anlass die Vereinheitlichung der Ausbildungsrichtlinieen und eine engere Zusammenarbeit bzw. Absprache der DBV-Ausbilder angesprochen; hierzu hatte ich auch konkrete Vorschlaege gemacht.

Ausloeser dieses Arbeitspapieres waren Vorkommnisse um einen Ausbilderkollegen, welche einen A-Ausbildungslehrgang betrafen: der entsprechende Kollege hatte sich in menschlicher und fachlicher Hinsicht mehr als einmal von jeder akzeptablen Vorgehensweise fuer einen Schiedsrichter und fuer einen SR-Ausbilder verabschiedet.

Die zunaechst ueber Wochen und Monate von mir intern geuebte Kritik fuehrte letztlich zur Entscheidung des DBV, mich als DBV-Schiedsrichter in den Ligen des DBV nicht mehr einzusetzen anstatt die beklagenswerten Zustaende zu aendern.

Nun, gehen wir weg von den mich betreffenden Angelegenheiten, und halten aber fest, dass es offenbar leichter scheint einen wirklich verbesserungswuerdigen Zustand zu ‚erhalten’, anstatt die notwendigen Anstrengungen zu seiner Veraenderung zu unternehmen !

Die von Dir zurecht gestellten Fragen und damit auch vorgetragenen Sorgen haetten schon laengst einer Beantwotung zugefuehrt werden muessen. Ein Ansatz ist, dass sich Teile des SRA mit der Erstellung eines einheitlichen Ausbildungshandbuches beschaeftigen. Dies kann aber nur ein erster Schritt sein. Ausserdem betrifft dies zwar einen wichtigen Aspekt, dennoch ist dieser Aspekt ein weitgehend technischer.

Viel wichtiger scheint mir zu sein, die den Ausbilder als Menschen betreffenden Gesichtspunkte zu erkennen und in praktische Regelungen zu fassen: Ein von mir bereits 1998 angeregtes Treffen der Ausbilder kam erst 2 Jahre spaeter zustande, und es wurde zunaechst von einem SRA-Funktionaer und Ausbilder (!) mit den Worten abgelehnt, ein solches waere nicht notwendig. Ein Jahr spaeter entgegnete mir waehrend einer SRA_Sitzung ein Mitglied des SRA, solche Zusammentreffen wuerden ohnehin nichts bringen !

Als ich in diesem Jahr mehrfache Versuche unternahm, aktiv an der Gestaltung des Ausbilder- und Ausbildungswesens teilzunehmen, sagte einer der SRA-Spitzenfunktionaere in der Februar-Sitzung des SRA, er wuerde dann in jenem Amt nicht mehr zur Verfuegung stehen, wenn ich ein Mitglied der entsprechenden Kommission werden wuerde.

Es geht also noch laengst nicht um das Wohl der Kollegen und um den konstruktiven Streit um die beste Ausbildung fuer alle Schiedsrichter aller Ligen: Es geht leider vielfach um das voellig ungenierte Ausleben des eigenen Ego’ .

Ich denke, ich habe ausreichend verdeutlicht, wo die Denkprozesse eingeleitet werden muessen und wer die Verantwortung fuer die Ausbildung der Kollegen zu uebernehmen hat.


Du schreibst weiter:
ich find es z.b. zum ko.... wenn ein ump unfaehig ist eine plate konference zu fuehren, andere coaches sind wohl froh, wenn der das nicht zum 40 mal hoeren muss.
Es ist fuer mich unvorstellbar, dass es nach entsprechender Ausbildung Kollegen geben soll, die eine Plate Conference nicht durchfuehren koennen. Und wenn ich als Schiedsrichter erkenne, dass es bei der Plate Conference nichts wesentliches zu besprechen gibt, weil beispielsweise beide Mannschaften und die Schiedsrichter auf dem betreffenden Platz schon x-mal gespielt bzw. geschiedsrichtert haben, dann ‚spule’ ich auch nicht das gesamte Conference-Programm ab.

Was also muessen wir unseren Kollegen vermitteln: etwas, was die NATO-Strategie waehrend des Endes des kalten Krieges war – dort und damals nannte man es ‚flexible response’. Uebertragen auf uns Schiedsrichter bedeutet dies die Anwendung eines situationsgerechten Handelns (Handling) bzw. des so viel beschriebenen Fingerspitzengefuehles oder des noch beruehmteren Common Sense’ (gesunder Menschenverstand).


Weiterhin fuehrst Du aus:
jms: du hast mit der verantwortungsuebernahme etc echt sehr loebliche vorstellungen, aber welcher ausbilder macht das, hat die zeit und die lust ?
Nun, dies sind keine loeblichen Vorstellungen, dies ist die von mir seit vielen Jahren gelebte Praxis. Deswegen bin ich nicht gleich ein besserer Mensch, und ich erwarte keinesfalls, dass sich alle Ausbilder derart viel Zeit fuer Themen rund um das Schiedsrichter nehmen wie ich dies offenbar tue.

Aber wir Ausbilder brauchen einen Grundkonsens ueber unsere Verantwortung und der Wirkung unseres Handelns, so wie es hier weiter oben beschrieben worden ist.


Zum Schluss schreibst Du folgendes:
wenn du die differenzen der lv's ansprichst - das heisst, es muesste einen generalkurs fuer alle ausbilder geben, damit die alle das gleiche ausbilden. sorry, ich kann mir beim besten willen nicht vorstellen, dass es hier in gaaaaaaaaanz deutschland, ach was, in ganz europa oder gar ... einen ump ausbilder gibt, auf den alllllleeee deutschen ump ausbilder hoeren und sich was sagen lassen und das dann auch noch umsetzen.
Eigentlich darf es in den LV’s ueberhaupt keine unterschiedlichen Ausbildungsrichtungen geben, da alle Landesverbandsausbilder von DBV-Ausbildern unterrichtet werden – hier zeigt sich das ganze Ausmass dessen, dass wir seit Jahren wichtigste Fragen des Ausbildungs- und Ausbilderwesens vernachlaessigt haben. Wir haben noch nicht einmal Richtlinien fuer die Ausbildung von Ausbildern entwickelt, und Pruefungen bzw. die entsprechenden Ergebnisse von Landesverbandsausbildern sind abhaengig von den jeweiligen DBV-Ausbildern bzw. deren Befindlichkeiten.

Und wenn Du davon schreibst, die Ausbilder wuerden keine fachliche Autoritaet erkennen, so liegt dies an ihrem Umgang miteinander: es gibt keinen kritischen Dialog der Ausbilder und keinen konstruktiven Streit ueber den besten Weg. Es gibt auch wenig Neigung dazu, sich selbst weiterzubilden bzw. hierzu fachliche Unterstuetzung aus dem Ausland zu holen.

Moeglicherweise muessen wir uns also nicht zu lange fragen, woher diese Einstellungen zur Besserwisserei und zur Arroganz herruehren, welche landauf und landab zu beobachten sind. Der Dachverband ist im uebrigen bestens ueber diese Zustaende informiert, welche beispielsweise dazu fuehrem, dass man Gelegenheiten zum Schiedsrichtern im hoechsten europaeischen Turnier allein deshalb erhaelt, weil man ploetzlich eine hohe Funktion im Schiedsrichterwesen hat.

Solange es also fuer alle Kollegen aller Ligen nicht erkennbar ist, dass sie ihre Motivation aus der Anerkennung ihren Leistungen und/oder Bemuehungen finden, solange es erkennbar bleibt, dass nicht Leistung sondern Funktion oder die Faehigkeit zum devoten Verhalten ueber den ‚Fall oder Ausfstieg’ eines Schiedsrichters entscheiden, so lange muessen wir uns nicht ueber Motivationsprobleme und andere Schwierigkeiten im Schiedsrichterwesen unterhalten.


Beste Gruesse
JMS
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